Trio
Stephan Remmler und Kralle Krawinkel spielten erstmals Ende der 60er Jahre in der norddeutschen Band "Just Us" (vormals "MacBeats"), mit der sie im Norddeutschen Raum sogar ziemlich erfolgreich waren. Es kam gar zu Konzerten im legendären Hamburger "Star Club". "Just Us" lösten sich 1969 auf, und Remmler und Kralle gingen getrennte Wege. Kralle gründete eine eigene Band, die sich "Cravinkel" nannte, und mit er Anfang der 70er Jahre zwei Alben und eine Single veröffentlichte, die allerdings kein Erfolg wurden. Remmler veröffentlichte Solo zwei Singles unter dem Pseudonym "Rex Carter" - auch ein Flop. Peter Behrens spielte zu jener Zeit in der psychedelischen Rockband "Silberbart", mit denen er - ebenfalls bei Philips - ein Album aufnahm, das aber auch kein Erfolg wurde. Stephan und Kralle kannten Peter in jener Zeit nur flüchtig aus Musikerkreisen.
Remmler ließ seine musikalische Karriere nun ruhen und wurde verbeamteter Lehrer. Auch Kralle wurde Lehrer, machte aber weiterhin Musik und schloss sich der Band Emsland Hillbillies an. Anfang 1979 kam es zu einer Reunion von Just Us, d.h. sie gaben zwei Konzerte, die ziemlich umjubelt waren. Das spornte Stephan und Kralle an, wieder gemeinsam zu musizieren. Sie gründeten die Band Wind und auch einen gemeinsamen Musikverlag namens Just Us Music Productions – kurz JUMP. Mit Wind entwickelten sie zusammen mit zahllosen Begleitmusikern ein musikalisches Repertoire, zu dem bereits Songs gehörten, die später mit Trio weiterentwickelt wurden. Zu Wind gehörten zweitweise auch der Schlagzeuger Wilfried Szyszlo oder der Keyboarder Horst Bösing. Stephan und Kralle hatten für das Bandprojekt ein eigenes Haus in Großenkneten angemietet, in dem sie auch gemeinsam lebten.
Erst als Peter Behrens am Schlagzeug zu Wind stieß, entwickelte sich langsam Trio. Während Wind in kompletter Besetzung nur am Wochenende probte, spielte Peter mit Stephan und Kralle auch unter der Woche. Sie stellten fest, dass die Musik zu dritt – also ohne Keyboard oder Bass - viel interessanter klang. Nach und nach minimalisierten sie die Arrangements und gaben es auf, großen Vorbildern wie Led Zeppelin o.ä. nachzueifern. Vielmehr konzentrierten sie sich darauf, wie die Musik klingt, wenn sie nur zu dritt spielen und den Songs ihre ganz eigene Individualität gaben. Etwa zu dieser Zeit benannte sich Wind in Trio um.
Ende 1980 gab Trio ein erstes Konzert im ortsansässigen Gasthaus Kempermann. Geladen hatten sie Freunde und Geldgeber. Im Anschluss ans Konzert referierte Stephan über das Bandkonzept.
Anfang 1981 produzierten die drei ihre erste Platte im Alleingang und bewarben sich um einen Plattenvertrag. Gleichzeitig gaben sie im norddeutschen Raum in der Provinz erste Konzerte, die nach und nach dank Mundpropaganda immer besser besucht waren. Die Hamburger Plattenfirma PhonoGram zeigte Interesse an Trio. Deren A&R-Manager besuchte ein Trio-Konzert und war begeistert. Er machte Trio mit Klaus Voormann bekannt, der seit kurzem für die PhonoGram arbeitete. Voormann hatte eine besondere Rolle: Zum einen sollte er der Produzent von Trio werden, zum anderen wurde er Vermittler zwischen der PhonoGram und der Band. Auf diesem Wege konnte Trio die eigenen musikalischen Vorstellungen besser an den Mann bringen.
Nachdem eine erste Plattenproduktion, bei der Voormann nicht beteiligt war, nicht zufriedenstellend verlief, übernahm nun Voormann endgültig die Rolle des Produzenten und nahm mit Trio die erste LP im Studio der Band Lake in Husum auf.
Im Oktober erschien die erste LP Trio, auf deren Cover Bandlogo, Privatadresse und Privattelefonnummer von Trio abgedruckt waren – mehr nicht. Die Verkaufszahlen waren allerdings nicht so besonders. Um die Platte direkt an den Käufer zu bringen, tourte Trio durch Deutschlands Schallplattenläden, um sie direkt vor Ort zu bewerben. Zu dieser Zeit ist auch „Da da da“ entstanden, das ins Live-Repertoire aufgenommen, aber nicht für die erste LP mehr produziert werden konnte. Die abendlichen Clubkonzerte waren nach wie vor bestens gefüllt. Diese ungewöhnliche Werbestrategie bescherte Trio im Oktober 1981 einen ersten TV-Auftritt in der Kultursendung Aspekte im ZDF. Kurze Zeit später strahlte der NDR ein Trio-Konzert im Hamburger Onkel Pö aus. Bei Weihnachtskonzerten am Ende des Jahres lernten Trio die Band Ideal kennen. Wahrscheinlich im Januar nahm Trio auf Bestreben von Klaus Voormann „Da da da“ für eine Single-Veröffentlichung auf. Mitglieder von Ideal beteiligten sich an der Produktion.
Aber auch die Single-Veröffentlichung von „Da da da“ war erst nicht erfolgreich. Der Erfolg stellte sich erst ein, als Trio mit dem Song in der Musiksendung Bananas vorgestellt wurde. Dieser Auftritt sorgte für den Durchbruch von Trio. Es hieß, man konnte gar nicht so viele Platten pressen, wie sie gekauft wurden. Auf die erste Trio-LP wurde das Lied nachträglich eingefügt, und auch die LP erklomm nun die Charts, während „Da da da“ Platz zwei der Singlecharts erreichte. Letztlich kam es im Mai 1982 gar zu einem legendären Auftritt in der ZDF-Hitparade, bei dem Trio als erste Vertreter der Neuen Deutschen Welle ihren Song vorstellten.
Kurze Zeit später wurde eine englische Version von „Da da da“ für den internationalen Markt produziert, nachdem Trio im britischen Fernsehen vorgestellt wurde. Bis zum Ende des Jahres 1982 entwickelte sich das Lied zu einem enormen Welthit.
Noch bis in den Juni spielte Trio unzählige Konzerte. Die letzten Konzerte fanden auf Festivals statt, bei denen sie nur noch ein Kurzprogramm absolvierten. Danach tourten sie nicht mehr, sondern waren vor allem im Fernsehen präsent. Im Oktober folgte ein neuer neu produzierter Song: Anna Lassmichrein lassmichraus, der gleichzeitig mit einem Live-Album erschient, das jedoch nur auf Audio-MC veröffentlicht wurde.
Im Dezember 1982 strahlte die ARD im Rahmen der Klassik Rocknacht ein Kurzkonzert von Trio aus, auf dem sie neue Songs vorstellten – darunter Immer noch einmal und Tooralooralooraloo – Is It Old & Is It New. Letzteren Song nahm Trio wenig später in den USA am Heiligabend in den Paramount Studios auf. Hier zeigten sich erste Spannungen: Kralle mochte den Song nicht und fühlte sich zum Begleitmusiker Remmlers degradiert. Vielleicht erklärt es sich so, dass Kralle ein zweites musikalisches Standbein suchte: Er schloss sich der Band von Marius Müller-Westernhagen an und spielte mit ihm das Album Das Herz eines Boxers ein.
Im Winter 1982/1983 verließ Trio für neue Ideen das gemeinsame Haus in Großenkneten und zog sich in die Schweizer Berge zurück, um an neuem Material zu arbeiten. Dort und auch in den Can-Stdios in Weilerswist entstanden die Songs für Trios zweites Album Bye Bye. Doch bis dahin war noch ein langer Weg. Zunächst erschien im Frühjahr 1983 eine weitere Single Bum bum – obwohl es noch immer kein zweites Album gab. Bum bum wurde ein weiterer Hit von Trio, zu dem auch ein recht aufwändiger Videoclip in Spanien produziert wurde.
Im Spätsommer war es endlich soweit: Das zweite Trio-Album Bye Bye kam in die Plattenläden-Regale. Es verkaufte sich erneut sehr gut. Das Cover zeigte mehrere leere Flächen, die als Werbefläche verkauft wurden. Nach und nach füllte sich das Cover von Auflage zu Auflage mit Werbeanzeigen. Die Einnahmen darauf spendeten sie an Greenpeace. Es folgten zwei weitere sehr erfolgreiche Singles: Herz ist Trumpf und Turaluraluralu ich mach Bubu was machst du.
Live wurde das Album nicht mehr vorgestellt. Es soll Überlegungen gegeben haben, dass Trio in einem Zirkuszelt durch Deutschland tourt und so nicht auf Konzertsäle oder Clubs angewiesen wäre. Das wurde jedoch nie ernsthaft umgesetzt. Stattdessen absolvierte Trio weiterhin unzählige TV-Auftritte, insbesondere in der ZDF-Hitparade.
Bye Bye erschien unter diesem Namen auch international – nur in den USA und in Kanada wurde es unter dem Namen Trio And Error veröffentlicht. Diese Alben enthielten englischsprachige Versionen fast aller Songs. Nur in den USA blieb Trio der große Erfolg verwehrt, da die Plattenfirma es nicht schaffte, Trio auf dem US-amerikanischen Markt zu etablieren. So kam es, dass Trio Im Winter 1983 Konzerte in Los Angeles und New York gab, um sich dort vorzustellen. Auch das fruchtete dort nicht. Es gab jedoch das Angebot, im Vorprogramm von Joe Jackson durch die USA zu touren. Stephan und Peter lehnten das zu Kralles Bedauern ab. Ein letztes Trio-Konzert fand im November 1983 im kanadischen Toronto statt.
1984 folgte noch die Single Tutti Frutti, die immerhin in Neuseeland ein Hit wurde, aber ansonsten blieb es in Deutschland erst einmal still um Trio. Stephan und Peter zogen aus dem Haus in Großenkneten aus, und Trio wollte eine Zeitlang pausieren.
Stephan nutzte die Zeit und veröffentlichte u.a. die Solo-Single Feuerwerk, die er mit der neunjährigen Nina präsentierte. Kralle spielte ein weiteres Album mit Marius Müller-Westernhagen ein (Die Sonne so rot) und ging mit ihm auf Tournee. Peter dagegen widmete sich der Schauspielerei und wirkte in zwei Spielfilmen mit.
Etwa Ende 1984 schmiedete Trio neue Pläne. Es sollten ein neues Album und auch ein erster Trio-Spielfilm erscheinen. Der Film Drei gegen Drei wurde im Laufe des Jahres 1985 in Berlin gedreht, während auch die Aufnahmen für das dritte Studioalbum Whats The Password liefen. Peter musste wegen eines längeren zurückliegenden Verkehrsdelikts einige Monate in den offenen Vollzug und konnte daher an der Albumproduktion nicht mitwirken. Er wurde durch den deutschen Session-Schlagzeuger Curt Cress ersetzt.
Im Herbst 1985 erschienen dann mit einigem Werbeaufwand der Spielfilm Drei gegen Drei als auch das dritte Studioalbum. Musikalisch war vom ursprünglichen Minimal-Konzept nichts mehr übrig, sondern sie setzten nun auf allerlei Studiotechnik und Begleitmusiker. Der Aufwand lohnte nicht. Weder Album noch Spielfilm wurden ein nennenswerter Erfolg – genau genommen ein künstlerisches und musikalisches Desaster. Es kam noch zu zwei Single-Auskopplungen, Ready for you und My sweet angel, aber beide konnten an frühere Erfolge nicht im Entferntesten anknüpfen. Nach einigen TV-Auftritten war dann Anfang 1986 erst einmal Schluss für Trio.
Was nun daraufhin geschah, ist nicht ganz sicher. Remmler berichtete später, dass er das musikalische Konzept von Trio für ausgereizt hielt. Es soll wohl den Plan gegeben haben, sich nach einem halben Jahr wieder zu treffen. Ob dieses Treffen stattfand, ist nicht sicher. Remmler war jedenfalls unzufrieden, dass Kralle und Peter keine neuen Ideen für Trio beisteuerten, während er selbst einige neue Kompositionen hatte.
Letztlich veröffentlichte Remmler diese Kompositionen als Teil seines ersten Soloalbums und verfolgte nun auch nur noch eine Solo-Karriere. Wie sich zeigte. War er damit sehr erfolgreich.
Kralle und Peter dagegen verschwanden in der Versenkung. 1986 erschien immerhin noch ein erstes Best-Of-Album von Trio mit dem lakonischen Titel „5 Jahre zuviel“.
Sehr viele Jahre war von Trio nichts mehr zu hören – abgesehen von unzähligen Neuinterpretationen von „Da da da“, die andere Künstler produzierten. Auch etablierte sich „Da da da“ als Werbeträger für höchst unterschiedliche Produkte.
Erst um das Millenium herum kam neues Leben ins Trio. Auf Bestreben von Remmlers Manager George Glueck wurde das Projekt verfolgt, Trio wieder aufleben zu lassen. Es kam zu einer neuen musikalischen Zusammenarbeit von Kralle und Stephan, bei der fünf neue Songs entstanden sein sollen. Peter war an diesem Prozess erst einmal nicht beteiligt. Zu den songs gehörte auch eine Neu-Interpretation von Herz ist Trumpf sowie die Songs Ich muss ins Krankenhaus und Let’s go to Elvis. Am Ende wurden sich Kralle und Stephan nicht einig, wie ein Neuanfang aussehen könnte, und das Projekt wurde mit der Begründung „Es wäre gut gewesen, wenn es gut gewesen wäre“ verworfen.
Einige Jahre später setzte eine Wiederverwertung alter Trio-Produktionen ein. Das erste Album wurde als Doppel-Album mit Bonustracks neu veröffentlicht und zwei Live-Konzerte von 1982 erschienen auf DVD, während sogar der Spielfilm-Flop Drei gegen Drei restauriert und auf DVD/Blu-ray erschien.
Mit dem Tod von Kralle (2014) und Peter (2016) war Trio endgültig zu Grabe getragen.