TRIOlogie

Stephan. Peter. Kralle.

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TRIO - Noch immer jungfräulich?

Als TRIO ihr erstes Album veröffentlichten stand eine ganze Branche Kopf. Dass die drei Anti-Musikanten und Musikclowns (so schätzte man die Wahl-Großenknetener nämlich ein) zu Stars mit Weltgeltung aufsteigen sollten, daran glaubte nicht einmal der kühnste Fan der ersten Stunde. "Da da da" sang man in den entlegensten Winkeln des Erdballes. Guatemala, die Philippinen, Südafrika, Uruguay und Zimbabwe seien stellvertretend für alle Exoten genannt. Mit "Bum Bum" ging das TRIO mit der Edel-Nutte Domenika in die (spanische) Wüste. Mit BYE BYE haben sie nun ihr zweites Album veröffentlicht. Und wollen solider werden. Sagt zumindest Stehtrommler Peter Behrens.

"Wir müssen uns einfach nach oben orientieren, auch runterkommen von diesem Single-Image", stellt Peter das modifizierte Selbstverständnis Trios im Herbst '83 vor. "Deshalb haben wir auch alle TV-Termine abgesagt, in denen nur die Single promotet werden sollte. Dann geht die LP baden. Ich hab' auch keinen Bock mehr in der ZDF-Hitparade herumzustolpern. Ok - auch die Stones haben das, in entsprechenden Sendungen in England und in den Staaten mitmachen wollen / sollen / müssen. Doch der Drang in diese Sendungen ist weg. Wir müssen uns nach oben orientieren, etwa hin zur Peter Alexander-Show." Die Skepsis in den Blicken seiner Gesprächspartner entgeht Peter keineswegs.

"Das ist mein Ernst", reagiert er auf die hochgezogenen Augenbrauen mit Nachdruck. "Die ist jedenfalls weiter oben als die ZDF-Hitparade. Aber irgendjemand hat sowieso mal gesagt: Egal, was für Fernsehen wir machen: wir gehen als Jungfrauen rein und kommen als Jungfrauen raus! Ich fand das ganz passend. Treffend. Trotzdem muss man aufpassen, dass man nicht zu lange Hitparade oder Tele-Illustrierte macht. Wir sollten einfach solider werden."

Klar: in einem längeren Feature in "Bitte umblättern!" oder "Bei Bio" in Gesellschaft mit dem "Friedens-Harry" (Peter) alias "Day-o" Belafonte lässt sich besser und optimaler Selbstdarstellung betreiben als neben Quasselheini Heck oder einem x-beliebigen pseudoambitionierten (oder nur dumm-dreisten) Magazin-Moderator. Die Trios wünschen sich einfach eine Auseinandersetzung mit ihrem Phänomen mit ein wenig mehr an Tiefgang.

"Die Oberflächlichkeit uns dreien gegenüber ging ja soweit, dass man glaubte, nur Stefan könne reden", schienen die anderen beiden Opfer ihrer Rolle als Ostfriesen-Gitarrist und Clown-Drummer zu werden. "Dann plötzlich hat man auch mit Kralle gesprochen. Und jetzt werde ich sogar als Gesprächspartner akzeptiert. Und das freut mich: es ist toll, dass ich hier sein darf. Und irgendwie beantwortet mir das auch die Frage, die wir immer gestellt bekommen: Wie lange gebt ihr euch noch? Gerade beim Pinkeln ist mir das wieder eingefallen…"

Die Aufgabe der Ignoranz ihm gegenüber seitens der Medien als Indiz für ein (mögliches) längeres Gruppen-Leben von TRIO. Warum nicht? Auf der Bühne beweisen werden sich TRIO in Deutschland, Österreich und der Schweiz erst wieder im Frühjahr '84. Dass man dann nicht mehr wie in den Anfangstagen in intimen, die Kommunikation und Interaktion fördernden Clubs auftreten kann (höre: Trio-Live-Kassette) versteht sich nach den erzielten Verkaufszahlen und dem stetigen Anstieg der Fangemeinde fast von selbst. Aber wie kann man dann der ursprünglichen Trio-Idee noch gerecht werden und gleichzeitig die Nachfrage nach Tickets befriedigen?

"Wir wollen nicht diese Schweinehallenkiste durchziehen", stellt Peter Außergewöhnliches in Aussicht. "Und schließlich komme ich ja auch aus der Zirkuswelt", macht der Komödiant Andeutungen. Welch eine Vorstellung, LOS TRIOS könnten neben dem Equipment auch ein schönes, großes Zirkuszelt in einen Truck packen und statt jeden Abend in eine andere Kleinstadt mit großer Halle zu ziehen, ihre Zelte (respektive das Zelt) jeweils für mehrere Tage in Citys wie Hamburg, Köln, Berlin, Frankfurt, München oder Zürich aufstellen. Logisch würden die Fans auch aus einem größeren Einzugsgebiet zu TRIO pilgern. Bei der Aussicht auf ein un- / außergewöhnliches Konzert. Ist die Idee ausgereift? Peter: "Zu 99,9999%. Beim Blutergebnis bist du dann sicherlich der Vater." Voilà: Peters blumiges Statement sei hiermit zur Interpretation freigegeben.

Außer Frage steht dagegen Trios US-Trip. Im November wird eine Amerikatournee stattfinden. Und das Gerücht, TRIO werde einen Yoko Ono-Song aufnehmen, hat sich längst in Realität verwandelt. "Wake Up" heißt die Nummer, die bereits auf dem Album BYE BYE (warum verabschieden sich TRIO eigentlich von uns?) zu finden ist und auch noch auf einen Sampler gepresst werden wird, auf dem Yoko, die geschäftstüchtige Lennon-Witwe, Weltstars zur Interpretation ihrer Nummern versammelt. "Ganz große Namen", schwört Peter. "Nur kann ich mir so schlecht Namen merken. Z. B. auch Kenny Rodgers… kann das sein?!??" Auch hier bleibt uns nur abzuwarten. Time will tell.

Den letzten Coup, den das TRIO landete, und der just zur Stunde noch immer heiß diskutiert wird. Das Plattencover von BYE BYE bietet 16 Werbeflächen zum Ankauf für Interessenten (Telefon: München 39 40 12). DM 10'000.- kostet die gewerbliche Anzeige. Dieser Einfall, der natürlich in den Werbeagenturen beklatscht wurde, stößt auf den Chefetagen der Konzerne, "wo die 60jährigen sitzen" (Peter) jedoch noch auf Abwarten bis Ablehnung. "Die sagen sich dann: TRIO, das ist doch diese Kasperband, diese Ulkcombo… Vorsicht, Vorsicht…" Der bereits abgesprochene Mangel an Seriosität. "Aber trotzdem laufen die Drähte heiß in München. Die Grünen, die Gelben, die Roten, die Schwarzen und die Weißen haben schon angefragt. Das ist uns aber nicht geheuer, das ist alles so undurchsichtig. Aber z. B. bei Greenpeace, da sehe ich eine klare Linie drin. Deshalb bekommen die jetzt eine Anzeige. Umsonst." Und wahrscheinlich die Jungs von Extrabreit. Oder sogar ich. Aber erst einmal muss die erste Auflage aus den Läden…

Quelle: Music Scene Nr. 11 (November 1983) S. 17

trio_-_immer_noch_jungfraeulich.txt · Zuletzt geändert: 2016/10/23 22:32 von 127.0.0.1

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