Stephan Remmler, Gesang, Casio, Gert "Kralle" Krawinkel, Gitarre, Peter Behrens, Schlagzeug
Zu Weihnachten 1980 gaben Remmler, Krawinkel und Behrens ihr erstes Konzert als Trio "bei Bommerlunder und Grünkohl" (Trio) in der Gaststätte ihres Wohnortes Großenkneten. Später spielte man ein paar Mal in kleinen Clubs und Cafés vor "3 bis 30 Leuten" (Trio). Eine erste, selbstproduzierte Maxi-Single (mit "Lady-O-Lady", "Sunday You Need Love … ", "Broken Hearts … ") wurde im Februar 1981 in der Auflage von 333 Stück gepresst und zum Preis von 3 x 3 Mark das Stück angeboten.
Das Trio avancierte zum (norddeutschen) Insider-Tipp und wurde aufgrund der ungewöhnlichen Besetzung (Sänger, Gitarrist, Stehtrommler) von Beginn an als Kuriosum von den Medien gehandelt. Remmler kommentierte: "Entscheidend war, dass wir letzten Endes auf einen Bassgitarristen verzichteten. Als wir sahen, dass die Musik so viel interessanter klang, benutzten wir prinzipiell nur noch unser Minimal-Konzept. Wir zeigten richtig vor, wie ‚billig' wir unsere Musik produzieren mussten. Die uns hörten, hielten das zunächst für einen Witz. Aber es war nur eine Darstellung unserer Schwierigkeiten und der begrenzten Mittel". Klaus Voormann, ehemaliges Mitglied der britischen Popband Manfred Mann, Grafiker (so gestaltete er u.a. das "Revolver"-Cover der Beatles) und Intimus der Fab Four, zuletzt ein gefragter Studiomusiker in den USA (so für John Lennon), war in seine deutsche Heimat zurückgekehrt, um hier als Talent-Scout tätig zu werden. Er hörte die Mini-LP der selbsternannten Vertreter der "Neuen Deutschen Fröhlichkeit" (als griffiger Bandslogan gleichzeitig Verballhornung solcher Kunstbegriffe wie "Neue Deutsche Welle") und produzierte fortan deren Werke.
Die Debüt-LP, schlicht "Trio" betitelt, kam im Oktober 1981 auf den Markt (Erstauflage mit Bonus-Single, Hülle mit Tragegriff). Ungewöhnlich genug: Das Cover enthielt Adresse und Telefonnummer der Band (Regenterstraße 10a, 2907 Großenkneten 2, Tel. 04435/2300). Dieser "Coup", wie auch die Idee, die Platte mit Kurzkonzerten in Plattenläden zwischen Garmisch und Kiel hautnah zu promoten, brachte eine breite Öffentlichkeit für die Minimalisten. Die "skurrile kleine Kapelle vom Lande" (SOUNDS) setzte bei den Journalisten die vielfältigsten Assoziationen frei. "Mitunter erinnert die Musik in ihrer Kaputtheit an die Cramps, ein Beinah-Garagensound, ein ursprüngliches Rock'n'Roll-Feeling", schrieb der MUSIK EXPRESS. Die Palette der (unterstellten) möglichen Impulsgeber für Trio reichte von Elvis Presley bis zu den Sex Pistols, von Otto über Status Quo und Torfrock zu den Cramps und ihrem Voodoo Rockabilly. Für die einen war Trio eine reine Klamauk-Combo (aufgrund ihrer Optik, ihres Auftretens, ihrer Conférencen), für die anderen die Sternstunde des Hard Rocks. Wieder andere stilisierten die Band zur New Wave-Formation oder sahen Parallelen zum Sound der Stray Cats. Eines wurde dabei offensichtlich: Trio entzog sich geschickt jeder Kategorie. Der SPIEGEL fand, "die drei Jungs aus Ostfriesland zeigen mit ihrer Mischung aus Rock'n'roll, Comedy und anarchistischen Späßen der saturierten Unterhaltungskunst zur Zeit, was eine Harke ist". Bereits im Februar 1982 produzierte der "Rockpalast" eine 1-Stunden Show mit den Newcomern. Und ihre (regulären) Konzerte im Frühjahr waren - dank Mundpropaganda und Medienvorarbeit - allerorts ausverkauft. Ein Mitschnitt dieser Tournee wurde später (10/82) als Musik-Kassette veröffentlicht. Die Single "Da da da, ich lieb dich nicht du liebst mich nicht" landete auf Platz 2 der Single-Hitparade und wurde schließlich vergoldet. Auch das Album platzierte sich auf Rang 2 der LP-Charts. Die Single "Da da da" wurde insgesamt in 30 Ländern der Erde veröffentlicht und erreichte Goldstatus in Belgien und Mexiko sowie Platin bzw. Doppelplatin in Brasilien und Kanada. Die Langspielplatte gab es in zwanzig Ländern zu kaufen, neben Europa auch in den USA, Südafrika, Hongkong, den Philippinen und Brasilien.
Ende Mai/Anfang Juni spielten Trio neben Ideal, Roger Chapman, Kid Creole &The Coconuts, Wolfgang Ambros und Black Uhuru auf fünf großen Open Air Veranstaltungen (u.a. auf der Loreley). In Italien traten sie in der großen Freiluft Arena von Verona auf. Im Juli strahlte der "Beat Club" "Trio in Concert" aus. Der MUSIK EXPRESS kommentierte den Trio-Erfolg in einem Zwischenresümee: "Aus der musikalischen Unfähigkeit hat man frech eine Tugend gemacht, der Dilettantismus ist Methode, die demonstrativ zur Schau gestellte Harmlosigkeit gibt den Zuschauern Gelegenheit, ungeniert zu lachen. Die alltägliche Banalität ist die Botschaft." Doch denen, die Trio lediglich als Parodie begreifen wollten, entgegnete Remmler: "Parodie war vielleicht als Unterströmung da, aber vor allem deswegen, weil wir uns der Klischees Trockeneis und bombastische Lightshows bewusst entledigen wollten." Die britische SOUNDS schrieb: "Da ist ein besonderer Humor und eine besondere Menschlichkeit im Spiel. Trio schafft es mühelos, dich innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde zwischen Pathos und Hysterie hin und herzureißen. Ihre LP ist unglaublich intelligent und vielseitig."
Im Oktober 1982 veröffentlichte die Phonogram die Single "Anna lass mich rein lass mich raus". Sie brachte es auf 19 Auslandsveröffentlichungen und Platz 3 in den deutschen Charts. Auch "Live im Frühjahr '82" erschien - allerdings nur als Kassette - mit 60 Minuten Trio-Performance im gleichen Monat. Am 9. Dezember 1982 waren die Musiker nochmals auf einer Bühne zu sehen und zu hören: Im Rahmen der ARD-Klassik-Rocknacht traten sie in München mit - Eberhard Schoener, Eff Jott Krüger (Ideal), dem Percussionisten Nippy Noya, den Hornettes als Chor und großem Orchester auf und interpretierten dabei die Songs "Immer noch einmal", "Turaluraluralu" und "Anna". "Da da da" wurde dabei mit dem "Entertanz" verknüpft.
Danach kehrten die Musiker wieder in die Idylle der Schweizer Berge zurück, um in Ruhe zu komponieren und zu texten, Als erstes Ergebnis dieser Klausur wurde im Mai 1983 mit "Bum Bum" lediglich eine Single veröffentlicht, die auch André Heller gefiel: "Trio sind einfach um 150% witziger als der Rest der Szene; die haben sozusagen ein Buster Keaton-Niveau, während so Leute wie der Frank Zander ein Millowitsch-Niveau haben." Für die Produktion des aufwendigen Videos zu "Bum Bum", einem Minispielfilm des Westerngenres, engagierte die Band die Hamburger Kultprostituierte Domenica, die auch das Singlecover zierte. Noch bevor "Bum Bum" auf den Markt kam, konnte man Trio auf einer anderen Singleveröffentlichung hören: Auf "Ich hab dich doch lieb" der Schlagersängerin Nicole (Grand Prix d'Eurovision-Gewinnerin mit "Ein bisschen Frieden") sangen Trio den Chor als Einlösung einer verlorenen Wette in Frank Elstners Fernsehsendung "Wetten dass". Gemeinsam präsentierte man das Lied auch in Elstners "Menschen '82"-Revue im Januar 1983.
Erst zwei Jahre nach Veröffentlichung der Debüt-LP erschien im Herbst 1983 mit "Bye Bye" die zweite Langspielplatte. Das Plattencover war diesmal wieder schlicht und weiß, Vorder- und Rückseite jedoch in acht Felder aufgeteilt, zwei davon aufgefüllt mit Anzeigen für Motorradhelme und der Eigenwerbung: "Die Fläche dieses Covers steht für Anzeigen zur Verfügung."10.000 Mark sollte die gewerbliche Anzeige pro Auflage koste weiterer, diesmal sogar gewinnbringender Gimmick, mit dem Trio nicht nur die Aufmerksamkeit der Werbeagenturen erregte. Der Plattentitel, zum einen eine ironische Reaktion auf jene, die Trio bereits abgeschrieben hatten und über deren Auflösung spekulierten, spielte zum anderen mit der klanglichen Verwandtschaft der englischen Vokabeln "Bye bye" (als Abschiedsgruß) und "Buy buy" (als Kaufaufforderung). Neben bezahlten Anzeigen (so u.a. Werbung für HÖR ZU, SPEX und die neue Langspielplatte der Rolling Stones) gaben Trio auch Organisationen wie Greenpeace kostenlos die Möglichkeit, ihre Ideen zu publizieren. Abgerundet wurde die Hülle der zweiten Auflage mit Kleinanzeigen. "Bye Bye" erschien - wie schon das erste Album - weltweit in verschiedenen Kopplungen. So gab es neben der deutschen, eine Europaversion und selbst die amerikanische Kopplung unterschied sich von der kanadischen. Lediglich auf der deutschen Pressung war die Bearbeitung eines Yoko Ono-Songs ("Walke Up") vertreten, ein erstes Resultat der Zusammenarbeit von Trio mit der Lennon-Witwe. Als einzige nichtamerikanische Gruppe lieferte Trio auch einen Beitrag für einen speziellen Yoko Ono-Sampler (geplante Veröffentlichung 1984), der Stars aus den verschiedensten Genres als Interpreten von Ono-Kompositionen präsentieren soll.
Im November 1983 gingen Trio auf einen US-Trip, um sich mit Auftritten in Los Angeles, New York (Ritz) sowie in Kanada live vorzustellen. Die Reaktionen waren euphorisch. Ob NEW YORK TIMES oder LOS ANGELES TIMES, die Beobachter feierten Trios "New Happiness". Auch der ROLLING STONE war von ihnen begeistert: "Diese Jungs sind abenteuerlicher und gewagter als die meisten Minimalisten, und ihr musikalisches Spektrum reicht über das gesamte Spektrum der Rockmusik - und darüber hinaus auf der Suche nach coolen Sounds. So grüßt ‚Boom Boom' - der beste Riffrocker des Jahres - die Troggs wie auch Black Sabbath; das unwiderstehliche ‚Drei Mann im Doppelbett' verbindet einen einfachen Pubchant mit einer großartigen Synthesizermelodie; und das semisoulvolle ‚Out In The Streets' mit seinem Boulevard-Akkordeon und der alten Hammondorgel ruft die nachdenkliche Atmosphäre von Bob Dylans/The Bands ‚Baseman Tapes' zurück ins Gedächtnis. Rockfans sollten rennen, nicht laufen, um sich diese Platte zu kaufen."
Zurück in Deutschland, präsentierten Trio nach "Herz ist Trumpf" ihre zweite Singleauskopplung aus "Bye Bye". "Turaluraluralu" wurde mit den Musikern als Weihnachtsmänner auf dem Cover ganz bewusst rechtzeitig zum Fest in die Läden gebracht und in verschiedenen Fernsehsendungen promotet. So bildete der Ohrwurm das Grande Finale der TV-Sendung "Thommy's Pop Show - live" Mitte Dezember in der Dortmunder Westfalenhalle. Alle Stars der Sendung versammelten sich auf der Bühne, um mit Trio gemeinsam "Turaluraluralu" als Weihnachtsgruß über die Bildschirme zu schicken. "Jeder sagt, so was kann man doch nicht machen, und genau deshalb machen wir's", erklärte Remmler ihr klares Bekenntnis zum Kommerz und wandte sich mit deutlichen Worten gegen pseudomoralische Musiker, die auch in den Achtzigern noch die Fahne des "falsch verstandenen, übergebliebenen Rock'n'roll-Dings, das angeblich die Wahrheit beinhalten soll" hochhielten. Remmler: "Die Leute lügen sich doch in die Tasche. Wenn man sich schon mit der Industrie einlässt, darin wenigstens konsequent."