Ja, ja, ja, sie ist fällig, die Trio-Geschichte, denn das Trio kommt an, das Trio macht Spaß, da muss man dabei sein. Und: "Obwohl es zunächst so aussieht als ginge es um Ihre Unterhaltung, geht es doch letztendlich darum, dass Sie Ihre Sympathien und Ihr Geld dem TRIO geben - ab dafür." Noch vor zwei Monaten, kurz nach meiner verblüfften Entdeckung des Dreiergespannes aus dem Oldenburgischen, konnte ich beglückt Nichtwissende mit frischesten Informationen über das Trio verwirren. Die Belehrungen lauteten dann wie folgt oder ähnlich: Pass auf. Zunächst muss ich vorausschicken, dass Du Dich bei diesem Terzett an die für sie offenbar magische Zahl Drei gewöhnen musst. Alles, was auch nur im entferntesten mit Drei zu tun hat, trifft aufs Trio zu - oder wird zutreffend gemacht. Ob das ihre erste Platte ist, selbstproduziert in einer flugs vergriffenen Auflage von 3 x333 Stück zu je 3 x3 Mark - oder einer ihrer berüchtigten Bühnenscherze (Bühne = Trio's Bahnhof): "Da saßen wir doch neulich in der Candy-Bar (candy bar, engl. = Lutscher, nichts wird ausgelassen!) Wir auf drei Hockern vor der Bar, dahinter Heidi. "Eins, zwei, drei", sagte Heidi, "Ihr müsst das Trio sein". "Ja, ja, ja", sagten wir. "Ja geht denn das, so als Trio ?" Und wie das geht, so als Trio. Allerdings hatten die Drei, die nicht von der Tankstelle, sondern aus dem mittlerweile sagenumwobenen Großenkneten sind, anfänglich ebenfalls starke Zweifel, ob das als Dreiergruppe so einfach ginge. Sie vermissten damals noch schmerzlich einen passenden Bassisten, mit keinem kamen sie so recht klar. Bis eines Tages eine Erleuchtung die Lösung des Problems brachte: Es geht auch ohne Bass!
Da waren sie nun, das glückliche Trio mit einem sehr persönlichen Outfit: Sänger und Texter Stefan Remmler, von nun an im bräunlichen Nadelgestreiften, das Haupthaar im schlichten Kahlschlag gekürzt; Gitarrist und Stückeschreiber "Kralle" Krawinkel, heimatverbunden mit ostfriesischer Wollmütze und klobigem Schuhwerk; Peter Behrens, unerschütterlich und komisch traurig blickender Standschlagzeuger, immer in Weiß mit leuchtend roten Hosenträgem. Im Stehen spielt er angeblich seiner Hämorrhoiden wegen.
Und ein ausgesprochen überzeugendes Konzept hatten sie sich ausgedacht. Nach dem Motto „Weniger ist Mehr" reduzierten sie ihre Instrumente derart aufs Minimalste, "dass es schon wieder eine Art ist". Kralle spielt seine Uraltgitarre ganz wundervoll mit gezielt eingesetzter "Wimmerkralle" (vielleicht heißt er deshalb so). Wäre das Stehschlagzeug mit noch weniger Schlagwerk bestückt, müsste der Trommler die Stöcke schlichtweg aneinander schlagen, und greift Sänger Stefan mal zu einem Instrument, dann ist das entweder eine bunte Plastik-Kindergitarre ("meine Luzi", wohl in Reminiszenz an B. B. Kings Gitarre Lucille) oder dieses kleine japanische Tastenwunderwerk namens Casio. Alles also klein und schlicht.
In (2907) Großenkneten und Umgebung entwickelten sich die Trio-Auftritte innerhalb kürzester Zeit vom Geheimtipp zum Renner. Mutig produzierten die Drei - wiederum mit Minimalaufwand - ihre schon erwähnte erste Platte, die eines Tages dem inzwischen nach Deutschland zurückgekehrten Klaus Voorman in die Hände geriet. Nachdem er das Trio auch noch gesehen hatte, stand für ihn fest, mit den Jungs zu arbeiten, sprich, sie zu produzieren. Derart spontane Zuneigung wird eigentlich erst nachvollziehbar, wenn man das Trio live erlebt hat. Der Auftritt sollte verfilmt werden. Zentraler Mittelpunkt des Bühnengeschehens ist ohne Frage der umwerfende Stefan. Das liegt nicht nur an seinen kleinen Tricks wie Kehlkopfmikro oder Flüstertüte, das eine blechern gehallt, das andere plärrend gequäkt. Dieser junge Mann mit dem (auf seinem T-Shirt befestigten) gebrochenen und dem heilen Herzen hat was vom marktschreierischen Charme eines Kirmesbuden-Besitzers, vor dessen Bude die Leute stehenbleiben, nur um ihn reden zu sehen.
Wenn dann das Gitarrensolo "blind" mit heruntergerollter Mütze, zum Besten gegeben wird, anschließend der Drummer mit stoischer Miene das Liebesalphabet herunterblättert ("Ich liebe Dich, Annette, Brigitte, Christine" usw.) und schließlich beim obligatorischen Schlagzeug-Solo die unbeschäftigten Mitmusikanten derweil Tischtennis spielen - und all das mit unbändig verschmitzter Freude und in immer neuen Variationen, dann komme ich zu der Überzeugung, dass die Fröhlichkeit deutscher Musikanten offensichtlich jahrelang in Großenkneten verbuddelt war. Und dass nur Trio rausgekriegt hat - wo!
So, nun wisst Ihr Bescheid über die Drei. Eine kleine Anekdote vielleicht zum Schluss. Vor zwei Tagen rief mich ein alter Freund und Konzertkumpel aus Hannover an. Was unser gemeinsamer Freund und Jazz-Konzertkritiker XY denn so mache, frage ich. "Der spricht nicht mehr mit mir. Für ihn ist das Trio seit neuestem das Größte - und als ich leise versuchte, meine Zweifel anzumelden, war er stocksauer. Seitdem spricht er nicht mehr mit mir."
Da kann man mal sehen, wie weit das geht, wenn man einer Gruppe tatsächlich seine Sympathien schenkt!
Gitti Gülden