Wie kommt man von 2907 Großenkneten 2 auf die vorderen Plätze der Hitparaden? Das Trio hat's vorgemacht: minimaler Rock und witzige deutsche Texte. Mit Zutaten aus zweiter Hand machen sie Musik und Show 1. Wahl!
Was waren das doch früher für gemütliche Zeiten. Da hatten Stefan, Gerd und Peter, kurz das Trio, ihre gestandene, treue kleine Fangemeinde. Wie jeder Dritte mittlerweile sicher weiß, stammt das Trio aus Großenkneten. Den anderen beiden, die es nicht wissen, sei verraten, dass Großenkneten ein kleiner Ort mit vierstelliger Postleitzahl (2907) ist und irgendwo zwischen Oldenburg und Bremen liegt. Und zur Trio-Fangemeinde der ersten Stunde zählten halt alle anderen jungen Menschen dieser norddeutschen Gegend. Nun müssen sie ihre Stars mit vielen anderen teilen.
Sie waren nahezu in jedem deutschen Plattenladen, um sich live zu präsentieren. Sie wurden in allen entsprechenden Schriften gewürdigt, und schließlich waren sie schon drei Mal im Fernsehen. Es konnte nicht ausbleiben: ihre schön-bescheuerte Single „Da, da, da, ich lieb' dich nicht, du liebst mich nicht" hielt Einzug in die deutsche Hitparade. Das habt Ihr nun davon!
Der Erfolg kam durch die Hintertür. Sich Trio zu nennen ist schlichtweg schlau und knüpft außerdem an die Trio-Tradition der 50er Jahre an, wie z.B. das Trio Sorent, das Medium Terzett oder Die drei Peheiros, deren Hit "Wasser ist zum Waschen da, Fallen und Fallera" beeindruckt Trio-Sänger Stefan nachweislich noch heute. Die Kunst als Trio aufzutreten, beherrschen die drei Großenknetener auf eine Weise, die so "minimal ist, daß es schon wieder eine Art ist".
Das Erscheinungsbild von Stefan Remmler, Sänger, Texter und Ideenspringbrunnen von Trio, wie auch das seiner beiden Kollegen, ist immer gleich: Kahlkopf, warmer Blick aus braunen Augen, anziehendes Lächeln. Unter dem dezenten Nadelstreifenanzug vom Trödler trägt er ein T-Shirt, meist weiß. Es wird gemunkelt, er könne eigentlich gar nicht singen, so erklärt sich vielleicht sein charmanter Sprechgesang. Früher werkelte Stefan mit dem Gitarristen Gerd „Kralle" Krawinkel in verschiedenen Hippie-Bands (Just us, Cravinkel). Kralle ist auch beim Trio wieder dabei. Er trägt permanent eine „Kuckucksnest-Wollmütze, die er bei entscheidenden Soli über die Augen zieht. Vielleicht, um sich besser konzentrieren zu können. Im übrigen sieht er aus wie du und ich: Anorak, T-Shirt, Jeans. Die Füße stecken mit Vorliebe in bäuerlichen Clogs. Es wird behauptet, er könne nicht besonders gut Gitarre spielen, Soli lägen ihm überhaupt nicht. Der dritte im Bunde ist der reizende Muffelkopf Peter Behrens. Er verzieht selten eine Miene, ist gleichbleibend stoisch und somit umwerfend komisch, die Kunst aller Clowns. Seine Lieblingskleidung sind weißes T-Shirt zu weißen Jeans, die von roten Hosenträgern gehalten werden. Er ist nicht gerade groß und trommelt im Stehen. Man sagt, er sei der schlechteste Schlagzeuger Norddeutschlands. Kommentar von Stefan zum allgemeinen Unvermögen: "Wir machen aus der Not eine Tugend."
Früher war die Not noch größer, denn da war noch keinem der drei die Idee gekommen, es als Trio zu versuchen. Verzweifelt wurde ein Bassist gesucht, bis der rettende Gedanke zur Beschränkung der musikalischen Mittel kam. Ein genialer Gedanke, wie sich herausstellen sollte. Zunächst jedoch ging es etwas schleppend voran. In der Sylvesternacht 80/81 trat das Trio zum ersten Mal in einem Großenknetener Gasthof an die Öffentlichkeit. Stefan sang ausschließlich englisch und löste allgemeine Ratlosigkeit beim Publikum aus. Folglich wurde am Auftritt gefeilt, korrigiert, ein richtiges Programm zusammengestellt, mit komischen Einlagen und Flexibilität gegenüber Publikumsreaktionen. Live, das kann hier schon gesagt werden, ist das Trio übrigens immer noch am besten. Das sollte sich niemand entgehen lassen!
Eines Tages nahm ein Freund von ihnen ein Band mit zu einer Plattenfirma. Das Trio hatte seine erste vergriffene LP selbst produziert. Das Band wurde erhört. Klaus Voormann, legendärer Musiker der Beatles-Ära, verliebte sich spontan in die Musik und, nachdem er sie gesehen hatte, noch mehr in die Band. Er produzierte das Trio-Album und auch ihre bereits erwähnte Single.
Nun standen große Dinge ins gemeinsam bewohnte Bauernhaus. Anstatt wie früher nur auf dem Lande zu touren ("Die Leute sind dort besser drauf"), ging es auf besagte Plattenläden-Mammut-Tournee, und es ist vielen heute noch ein Rätsel, wie die drei es schafften, auch bei ihren letzten Konzerten, inzwischen schon in mittelgroßen Sälen, noch eine putzmuntere Show zu liefern.
"Es geht letztendlich darum, dass Sie Ihre Sympathien und Ihr Geld dem Trio geben - ab dafür", scherzen die drei zu Beginn ihrer LP. Das ist offensichtlich in der Zwischenzeit geschehen. Bleibt zu hoffen, dass das Trio das bleibt, was es ist: eine originelle kleine Truppe, die den Beweis geliefert hat, "dass es auch so geht". Tröstlicher Trio-Kommentar: "Wir nehmen ernst, was wir machen, aber nicht zu ernst."
Gitti Gülden, 1982